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Schlafstörungen und Bluthochdruck - die unterschätzten Volkskrankheiten  

Sowohl Schlafstörungen als auch Bluthochdruck zählen zu den Volkskrankheiten unserer Gesellschaft und gehen mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko für die Betroffenen einher. Das heißt, sowohl Betroffene von Schlafstörungen, zum Beispiel Insomnie, als auch von Bluthochdruck (Hypertonie) haben ein signifikant höheres Risiko, beispielsweise einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Der nachfolgende Beitrag untersucht, inwieweit die beiden Erkrankungen zusammenhängen und sich gegebenenfalls wechselseitig beeinflussen und verstärken können. 

Prävalenz von Insomnie und Bluthochdruck (Hypertonie)

Die Prävalenz von Insomnie und Bluthochdruck variiert weltweit, wobei sowohl Alter als auch Geschlechtsverteilung signifikante Faktoren darstellen. Insomnie, charakterisiert durch Schwierigkeiten beim Einschlafen, Durchschlafen oder frühmorgendlichen Erwachen, zeigt eine steigende Tendenz in der Bevölkerung. An Schlafproblemen leidet allein in Deutschland gelegentlich etwa ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung, etwa 6% an einer klinisch relevanten Insomnie. Parallel dazu ist Bluthochdruck eine der führenden Ursachen für kardiovaskuläre Erkrankungen. Bluthochdruck betrifft Millionen von Menschen weltweit, allein in Deutschland sind etwa 20-30 Millionen Erwachsene von Bluthochdruck betroffen, was etwa 25-30% der Gesamtbevölkerung ausmacht. 

Circadiane Rhythmik beim Blutdruck

Blutdruckwerte unterliegen einem circadianen Rhythmus, mit einem ersten Gipfel am Morgen, einem Abfall während des Mittags, einem zweiten Gipfel am späten Nachmittag und einem Abfall in der Nacht, dem sogenannten "nocturnal dip". Dieser nächtliche Blutdruckabfall, normalerweise um 10-20%, kann bei einigen Patienten ausbleiben, was mit Schlafstörungen, insbesondere Insomnie, in Verbindung gebracht werden kann.

Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Bluthochdruck

Schlechter Schlaf ist ein bedeutender Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen, wie zum Beispiel die koronare Herzkrankheit und Schlaganfall

Studien haben gezeigt, dass Schlafentzug und schlechte Schlafqualität zu einem Anstieg des Blutdrucks führen, wobei dieser Effekt bei Frauen stärker ausgeprägt ist als bei Männern. Mögliche Ursachen für diesen Zusammenhang sind die durch das Schlafdefizit erfolgende Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse und die vermehrte Ausschüttung des Stresshormons Cortisol, welches verengend auf Blutgefäße wirkt und dadurch den Blutdruck erhöht.

Im Rahmen einer Studie untersuchten Forscher:innen den Zusammenhang zwischen der objektiv gemessenen Schlafdauer und Schlafintensität mit der Wahrscheinlichkeit, in den nächsten 5 Jahren an Bluthochdruck zu erkranken. Die Teilnehmer:innen schliefen durchschnittlich 6 Stunden pro Nacht und waren nach dem Einschlafen schätzungsweise 11% der Zeit wach.

Das Ergebnis: Zu kurzer oder leichter Schlaf geht einem hohen Blutdruck voraus. Im Querschnittsvergleich führte kürzerer und leichterer Schlaf auch unabhängig von Alter und Geschlecht zu deutlich höheren systolischen und diastolischen Blutdruckwerten. Und auch über einen Zeitraum von 5 Jahren verschlechterten sich die Blutdruckwerte sowohl bei kürzerem als auch bei leichterem Schlaf. Insgesamt war das Risiko für Bluthochdruck in der Auswertung der Studienergebnisse um 37% erhöht, wenn die Schlafdauer um eine Stunde reduziert wurde. 

Forscher:innen vermuten zudem, dass langfristiger Schlafmangel oder Veränderungen in der Schlafqualität als neurobiologischer und physiologischer Stressor wirken könnten, der die Gehirnfunktionen beeinträchtigt und zur allostatic load beiträgt, was die Stressresilienz und die somatische, also körperliche, Gesundheit beeinträchtigt.

Der Begriff “allostatic load” bzw. “allostatische Belastung” bezieht sich auf die kumulativen Auswirkungen, die chronischer Stress auf die geistige und körperliche Gesundheit hat. Einfacher ausgedrückt, handelt es sich um die "Beanspruchung" des Körpers durch Lebensereignisse und Umweltstressoren. Wenn Ereignisse eintreten, die die Fähigkeit einer Person zur Bewältigung übersteigen, kann es zu einer allostatischen Überlastung kommen. Das Konzept der Allostase bezieht sich auf die Fähigkeit, Stabilität durch Veränderung zu erreichen.  

Stressresilienz bezeichnet die Fähigkeit eines Individuums, mit Stress und widrigen Lebensumständen effektiv umzugehen und sich davon zu erholen, also Herausforderungen und Belastungen zu bewältigen, ohne langfristige negative Auswirkungen auf die psychische oder physische Gesundheit zu erleiden. 

Schlafstörungen und Bluthochdruck sind keine isolierten Phänomene

Insomnie und Bluthochdruck sind keine isolierten Phänomene, sondern stehen in einer bidirektionalen Beziehung zueinander. Diese Beziehung hat das Potenzial, den Schweregrad und das Fortschreiten der jeweils anderen Erkrankung zu verstärken. Insbesondere zeigt sich, dass chronischer Schlafmangel und schlechte Schlafqualität zu einem erhöhten Blutdruck beitragen können, der möglicherweise zu dauerhaftem Bluthochdruck führt. Umgekehrt können Menschen mit Bluthochdruck unter einem gestörten Schlafverhalten leiden, was das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen ebenso erhöht.

Quellen

https://www.gesundheitsinformation.de/schlafprobleme-und-schlafstoerungen-insomnie.html

https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(21)01330-1/fulltext

https://www.hochdruckliga.de/presse/informationen/bluthochdruck-in-zahlen

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21300732/

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/17785629/

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19506175/

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23173590/

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32799204/

https://edoc.rki.de/handle/176904/1502

Cappuccio, F. P. et al. (2007). Gender-specific associations of short sleep duration with prevalent and incident hypertension: the Whitehall II Study

Cappuccio, F. P. et al. (2017). Schlafdauer und -qualität in Bezug auf kardiovaskuläre Erkrankungen. European Heart Journal, 38(34), 2600-2609.

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