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COMISA - die Komorbide Insomnie bei Schlafapnoe

Insomnie und obstruktive Schlafapnoe (obstructive sleep apnea oder OSA) treten häufiger zusammen auf, als man es basierend auf der jeweiligen Prävalenz in der Bevölkerung vermuten würde [1,2,3]. In der Fachliteratur nennt sich diese Komorbidität, also das gleichzeitige Auftreten, COMISA (comorbid insomnia and sleep apnea).

Was ist COMISA?

COMISA bezeichnet das gleichzeitige (komorbide) Auftreten von Symptomen der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) und der chronischen Insomnie. Das komorbide Auftreten von Insomnie und OSA (Co-Morbid Insomnia and Sleep Apnea) wurde erstmals 1973 beobachtet und als neues Syndrom benannt.

Betroffene berichten dabei sowohl von Symptomen der OSA, wie zum Beispiel nächtlichen Atemaussetzern, Tagesschläfrigkeit und Schnarchen, als auch von Symptomen der Insomnie, wie zum Beispiel chronischen Ein- und Durchschlafstörungen, schlafbezogenen Sorgen und Gedankenkreisen. Beide tragen einzeln wie gemeinsam auftretend dazu bei, dass man tagsüber müde und erschöpft ist, Konzentrationsschwierigkeiten hat und sich tagsüber nicht leistungsfähig fühlt [4].

Was ist die obstruktive Schlafapnoe (OSA)?

OSA wird durch einen Kollaps der oberen Atemwege während des Schlafs verursacht und führt zu vorübergehender Asphyxie, Hypoxämie, Erregungszuständen im Gehirn, Schlafproblemen und Tagesschläfrigkeit. 

In diesem Zusammenhang reagiert der Körper auf den Abfall der Sauerstoffkonzentration im Blut als lebensbedrohlich wahrgenommenen Zustand mit einem sog. Arousal: Die Puls- und Blutdruckwerte steigen an, ebenso spannen sich die Muskeln an. Bedingt durch einen Anstieg des Stresshormons Cortisol und des gefäßverengenden Endothelins hat die verringerte Sauerstoffkonzentration z.B. auch einen Anstieg des Blutdrucks zur Folge. 

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Wie häufig ist COMISA?

Ungefähr 30 – 40% aller Insomnie-Patient:innen erfüllen die Diagnosekriterien der OSA und bis zu 50% der OSA-Patient:innen die Diagnosekriterien der Insomnie [5]. Die Prävalenz der einzelnen Schlafstörungen liegt hingegen bei ungefähr 6-10% [1,2,3,5].

Dies legt nahe, dass es eine Wechselwirkung zwischen den beiden Erkrankungen gibt, welche die Entstehung der jeweils anderen Schlafstörung begünstigt. In der Versorgungsrealität wird häufig nur eine der beiden Erkrankungen behandelt, weshalb der Behandlungserfolg ausbleibt.

comisa diagram

Wie erklärt sich der Zusammenhang?

Das theoretische Modell von Sweetman et al. (2021) erklärt, wie sich beide Störungen gegenseitig bedingen können:
Zum einen kann eine Insomnie die OSA durch Schlaffragmentierung, erhöhte Erregbarkeit und veränderte Schlafarchitektur verstärken, und zum anderen kann OSA die Insomnie durch obstruktionsbedingtes Aufwachen, Nykturie und vermehrte Fehleinschätzungen der Schlafzeit durch erhöhtes Aufwachen erschweren [6].

Behandlung der COMISA

Die symptomgerechte Behandlung der COMISA ist entscheidend, da das gleichzeitige Auftreten im Vergleich zur alleinstehenden Insomnie und OSA mit erheblicheren Beeinträchtigungen der Schlafqualität und -quantität einhergeht, zu größeren Einbußen der Leistungsfähigkeit führt und eine noch stärkere Reduzierung der Lebensqualität bedeutet.

So hat sich zum Beispiel gezeigt, dass Patient:innen mit COMISA, im Vergleich zu Patient:innen mit alleinstehender Insomnie oder OSA, ein höheres Risiko haben, eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln [8] und eine höhere Sterblichkeitsrate haben [9]. 

Hinzu kommt, dass Patient:innen, welche bereits eine Ein- und Durchschlafstörung entwickelt haben, noch größere Schwierigkeiten damit haben, sich mit der Überdruck-Beatmungsmaske, der standardbehandlung der OSA, zu entspannen und sich bei diesen Patient:innen daher eine reduzierte Adhärenz bei der OSA Behandlung zeigt, wenn die Insomniesymptomatik unbehandelt bleibt. Wird die Insomnie jedoch behandelt, zeigt sich wiederum eine Verbesserung der Masken-Adhärenz [6].

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Das empfiehlt die klinische Forschung für die symptomgerechte Behandlung der COMISA

  1. Patient:innen, bei denen eine Insomnie vermutet wird, sollten auch auf das Vorliegen einer OSA untersucht werden und solche mit OSA auf eine potentielle, komorbide Insomnie.
  2. Patient:innen mit beiden Indikationen sollten bei der Diagnostik und Behandlung eine gezielte Berücksichtigung beider Erkrankungen erhalten. Eine kombinierte Intervention erzielt schnellere und bessere Therapieerfolge.
  3. Der Therapieansatz bei COMISA (d. h. welche Intervention zuerst eingesetzt wird) sollte auf der Präferenz des / der Patient:in (z. B. Hauptbeschwerde Insomnie, OSA, oder beides), der Erkrankungsschwere der jeweiligen Störung und deren Einfluss auf das Tagesbefinden und die Lebensqualität basieren [6,7].

Quellen

[1] Ohayon, M. M. (2002). Epidemiology of insomnia: what we know and what we still need to learn. Sleep medicine reviews, 6(2), 97-111.
https://doi.org/10.1053/smrv.2002.0186


[2] Peppard, P. E., Young, T., Barnet, J. H., Palta, M., Hagen, E. W., & Hla, K. M. (2013). Increased prevalence of sleep-disordered breathing in adults. American journal of epidemiology, 177(9), 1006-1014. https://doi.org/10.1093/aje/kws342


[3] Ohayon, M. M., & Reynolds III, C. F. (2009). Epidemiological and clinical relevance of insomnia diagnosis algorithms according to the DSM-IV and the International Classification of Sleep Disorders (ICSD). Sleep medicine, 10(9), 952-960.


[4] Sateia, M. J. (2014). International classification of sleep disorders. Chest, 146(5), 1387-1394. https://doi.org/10.1378/chest.14-0970


[5] Zhang, Y., Ren, R., Lei, F., Zhou, J., Zhang, J., Wing, Y. K., … & Tang, X. (2019). Worldwide and regional prevalence rates of co-occurrence of insomnia and insomnia symptoms with obstructive sleep apnea: a systematic review and meta-analysis. Sleep medicine reviews, 45, 1-17. https://doi.org/10.1016/j.smrv.2019.01.004


[6] Sweetman, A., Lack, L., McEvoy, R. D., Smith, S., Eckert, D. J., Osman, A., … & Catcheside, P. (2021). Bi-directional relationships between co-morbid insomnia and sleep apnea (COMISA). Sleep medicine reviews, 60, 101519.
https://doi.org/10.1016/j.smrv.2021.101519


[7] Ong JC, Crawford MR, Wallace DM (2021). Sleep Apnea and Insomnia: Emerging Evidence for Effective Clinical Management. Chest,;159(5):2020-2028.
https://doi.org/10.1016/j.chest.2020.12.002


[8] Lechat, B., Appleton, S., Melaku, Y. A., Hansen, K., McEvoy, R. D., Adams, R., … & Sweetman, A. (2022). The association of co‐morbid insomnia and sleep apnea with prevalent cardiovascular disease and incident cardiovascular events. Journal of Sleep Research, e13563.
https://doi.org/10.1111/jsr.13563

[9] Lechat, B., Appleton, S., Melaku, Y. A., Hansen, K., McEvoy, R. D., Adams, R., … & Sweetman, A. (2022). Comorbid insomnia and sleep apnoea is associated with all-cause mortality. European Respiratory Journal, 60(1).
https://doi.org/10.1183/13993003.01958-2021

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