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Mit verkürzter Bettzeit zu höherer Schlafeffizienz: Bettzeitrestriktion als wirksamer Bestandteil der Kognitiven Verhaltenstherapie

Für die effektive Behandlung von Schlafstörungen gilt die Kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie (KVT-I) aufgrund ihrer nachgewiesenen Wirksamkeit als Behandlungsmethode erster Wahl. Ein Element der KVT-I ist die sogenannte Bettzeitrestriktion. Kurz gesagt, soll dabei durch eine künstliche Verkürzung der Schlafenszeit bzw. eine Verlängerung der Wachzeit der Schlafdruck bei den Betroffenen erhöht werden. Um die Wirkung der Bettzeitrestriktion und ihre Anwendung innerhalb der Therapie von Schlafstörungen zu verstehen, starten wir mit einem Blick auf unseren Schlafrhythmus selbst:  

Wie entsteht Müdigkeit?

Der menschliche Schlafrhythmus wird zum einen durch die innere Uhr und zum anderen durch den Schlafdruck beeinflusst. Unsere innere Uhr wird vom Sonnenlicht gesteuert und bestimmt wichtige Funktionen, wie zum Beispiel unsere Leistungsfähigkeit am Tag. Unser Körper folgt einem natürlichen Zyklus, der ungefähr 24 Stunden (genauer gesagt ca. 24,5 Stunden) beträgt, auch bekannt als der zirkadiane Rhythmus. Dieser innere Taktgeber regelt nicht nur unseren Schlaf-Wach-Zyklus, sondern auch die Körpertemperatur, Hormonausschüttung und Stoffwechselprozesse. 

Der Schlafdruck hingegen steigt in der Wachphase immer weiter an und baut sich dann wieder ab, während man schläft. Je länger Personen also wach sind, desto höher ist auch ihr Schlafdruck. Die innere Uhr und der Schlafdruck regulieren im Zusammenspiel den Schlaf-Wach-Rhythmus. Grundsätzlich ist es also sinnvoll, auf körperliche Signale zu achten und erst dann ins Bett zu gehen, wenn man sich ausreichend schläfrig fühlt. 

Was hat eine verlängerte Schlafenszeit mit Insomnie zu tun?

In dem von Spielman et al. (1987) entwickelten Verhaltensmodell der Schlaflosigkeit wird die Verlängerung der Schlafenszeit als wichtiger Faktor für die Aufrechterhaltung der Schlaflosigkeit angesehen. Eine Verlängerung der Schlafenszeit (einschließlich Nickerchen), oft als Ausgleichsreaktion auf schlechten Schlaf, kann in der Folge zu längeren Schlafzeiten, Schlaffragmentierung und erhöhter Variabilität im Schlaf-Wach-Rhythmus führen. Bettzeitrestriktion zielt darauf ab, die Schlafmöglichkeiten einzuschränken und den dadurch erhöhten Schlafdruck zu nutzen, um den Schlaf zu konsolidieren und sein Auftreten zu regulieren (Spielman et al., 1987).

Was sind Bettzeitrestriktionen und wie unterscheiden sich Schlaf- und Bettzeit voneinander? 

Bettzeitrestriktionen sind behaviorale Maßnahmen im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie zur Behandlung von Insomnie (Riemann et al., 2023). Das bedeutet, dass diese Maßnahmen dafür gedacht sind, menschliches Verhalten effektiv zu verändern. Um den Sinn dahinter zu verstehen, ist es zunächst wichtig, zwei verschiedene Konzepte zu unterscheiden: Bettzeit und Schlafzeit. 

Unter Bettzeit versteht man die Zeit, die eine Person insgesamt im Bett verbracht hat, egal ob sie dabei wach war oder geschlafen hat. Schlafzeit hingegen beschreibt nur die Zeit der Nacht, in der die Person auch wirklich schlief. Aus diesen zwei Konzepten ergibt sich die sogenannte Schlafeffizienz. Diese ist definiert als der Anteil der Bettliegezeit, in dem wirklich geschlafen wurde. 

Liegt eine Person beispielsweise acht Stunden lang im Bett, schläft tatsächlich aber nur vier Stunden davon, so spricht man von einer Schlafeffizienz von 50%. Erst ab 85% ist eine Schlafeffizienz als gut zu bewerten. Im Rahmen von Bettzeitrestriktionen wird die Bettzeit bewusst eingeschränkt, um die Schlafeffizienz zu erhöhen. 

Evidenz aus randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) zeigt, dass die akute Durchführung von Bettzeitrestriktionen die Schläfrigkeit kurz vor dem Schlafengehen erhöht, die Erregung vor dem Schlafengehen verringert und Marker für Schlafkontinuität und Schlaftiefe verbessert (Maurer et al., 2021). Auch im Rahmen einer Untersuchung zum Einsatz digitaler kognitiver Verhaltenstherapie bei Insomnie in der Regelversorgung zeigten sich Hinweise zur Wirksamkeit der Bettzeitrestriktion im Sinne einer höheren Schlafeffizienz: Die Zeit im Bett konnte um fast eine Stunde reduziert werden und lag damit im vergleichbaren Bereich von Personen ohne Schlafprobleme (Maurer et al., 2023). 

Was sind die Funktionen und Kennzeichen der Bettzeitrestriktionen?

Die Bettzeitrestriktion ist eine der wichtigsten Techniken zur Verbesserung des Schlafes (Morin et al., 2006). Sie ist eine sehr effektive, aber auch relativ anspruchsvolle Maßnahme. Das Ziel der Bettzeitverkürzung ist es, die Qualität des Schlafes sowie die Schlafeffizienz zu verbessern und die individuell optimale Schlafzeit herauszufinden. 

Eine Insomnie zeichnet sich in erster Linie durch eine schlechte Schlafeffizienz und viele Wachphasen in der Nacht aus. Wenn man nun die Zeit verkürzt, die man im Bett verbringt, steigt automatisch der Schlafdruck. Der zunehmende Schlafdruck führt dazu, dass man abends schneller einschläft und in der Nacht weniger häufig aufwacht. Insgesamt steigt dadurch die Schlafeffizienz und die Qualität des Schlafes verbessert sich. Sobald die Schlafeffizienz bei mindestens 85% liegt, kann das festgelegte Schlaffenster einmal pro Woche um 15 Minuten verlängert werden. Sobald die Schlafeffizienz unter 80% liegt, sollte das Schlaffenster um 15 Minuten verkürzt werden. 

Wie sieht der Wirkmechanismus von Bettzeitrestriktionen aus?

Es wird angenommen, dass die Bettzeitrestriktion durch die Einschränkung, Regulierung und Neukonditionierung der Schlafgelegenheit wirkt, was eine Kaskade von kognitiven, verhaltensbezogenen und physiologischen Pfaden in Gang setzt, um den Schlaf und die Tagesfunktionen zu verbessern (Maurer et al., 2018).

Wie werden Bettzeitrestriktionen mit somnio bei der Behandlung von Insomnie umgesetzt? 

Der Avatar Albert schlägt im Rahmen der Module von somnio ein Schlaffenster vor. Dieses kann von den Nutzer:innen individuell nach vorne oder hinten geschoben werden. Menschen unterscheiden sich genetisch bedingt in ihrem Schlaftyp. Personen, die morgens eher fit sind, bezeichnen Schlafforscher als „Lerchen“. Menschen, die sich abends leistungsstärker fühlen, werden hingegen „Eulen“ genannt. Die meisten Menschen befinden sich allerdings in der goldenen Mitte. 

Bei der Festlegung eines Schlaffensters in der App sollte der individuelle Schlaftyp beachtet werden. Das gesetzte Schlaffenster sollte konsequent eingehalten werden, da die Technik ansonsten in ihrer Wirksamkeit beschränkt wird. Das gilt auch für Wochenenden. Das kürzeste Schlaffenster, das gewählt werden sollte, beträgt sechs Stunden (Lorenz et al., 2019). 

Allgemein gibt es jedoch Unterschiede in der Konfiguration der Bettzeitrestriktion in Bezug auf die Festlegung der Anfangszeit im Bett, die Mindestzeit im Bett (zum Beispiel anders als bei somnio auch 4,5 oder 5 Stunden) und die Position des Schlaffensters in der Forschung (Kyle et al., 2015). Die Technik der Bettzeitrestriktion kann anstrengend sein, eine konsequente Anwendung ist aufgrund ihrer nachgewiesenen Effizienz allerdings lohnenswert für die Betroffenen (Morin et al., 2006).

Welche Begleiterscheinungen hat die Anwendung der Bettzeitrestriktion?

Dass sich Menschen durch Bettzeitrestriktionen tagsüber schläfrig fühlen, ist normal. Falls die Schläfrigkeit am Tag allerdings zu Gefahrensituationen führen kann, zum Beispiel weil die Konzentration beim Autofahren beeinträchtigt wird, dann sollte man reagieren. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Bettliegezeit wird wieder erhöht oder man legt tagsüber einen 20-minütigen Powernap ein.

Quellen

Spielman AJ, Caruso LS, Glovinsky PB. A behavioral perspective on insomnia treatment. Psychiatr Clin North Am. 1987 Dec;10(4):541-53. PMID: 3332317. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/3332317/

Kyle, S. D., Aquino, M. R. J., Miller, C. B., Henry, A. L., Crawford, M. R., Espie, C. A., & Spielman, A. J. (2015). Towards standardisation and improved understanding of sleep restriction therapy for insomnia disorder: A systematic examination of CBT-I trial content. Sleep Medicine Reviews, 23, 83–88. https://doi.org/10.1016/j.smrv.2015.02.003

Lorenz, N., Heim, E., Roetger, A., Birrer, E., & Maercker, A. (2019). Randomized Controlled Trial to Test the Efficacy of an Unguided Online Intervention with Automated Feedback for the Treatment of Insomnia. Behavioural and Cognitive Psychotherapy, 47(3), 287–302. https://doi.org/10.1017/S1352465818000486

Maurer, L. F., Espie, C. A., & Kyle, S. D. (2018). How does sleep restriction therapy for insomnia work? A systematic review of mechanistic evidence and the introduction of the Triple-R model. Sleep Medicine Reviews, 42, 127–138. https://doi.org/10.1016/j.smrv.2018.07.005

Maurer, L. F., Schneider, J., Miller, C. B., Espie, C. A., & Kyle, S. D. (2021). The clinical effects of sleep restriction therapy for insomnia: A meta-analysis of randomised controlled trials. Sleep Medicine Reviews, 58, 101493. https://doi.org/10.1016/j.smrv.2021.101493

Maurer, L.F., Aust, F. & Lorenz, N. Real-World-Evidenz für den Einsatz von digitaler kognitiver Verhaltenstherapie bei Insomnie in der Regelversorgung. Somnologie (2023). https://doi.org/10.1007/s11818-023-00422-7 

Morin, C. M., Bootzin, R. R., Buysse, D. J., Edinger, J. D., Espie, C. A., & Lichstein, K. L. (2006). Psychological and behavioral treatment of insomnia:update of the recent evidence (1998-2004). Sleep, 29(11), 1398–1414. https://doi.org/10.1093/sleep/29.11.1398

Riemann, D., Espie, C. A., Altena, E., Arnardottir, E. S., Baglioni, C., Bassetti, C. L. A., Bastien, C., Berzina, N., Bjorvatn, B., Dikeos, D., Dolenc Groselj, L., Ellis, J. G., Garcia-Borreguero, D., Geoffroy, P. A., Gjerstad, M., Gonçalves, M., Hertenstein, E., Hoedlmoser, K., Hion, T., … Spiegelhalder, K. (2023). The European Insomnia Guideline: An update on the diagnosis and treatment of insomnia 2023. Journal of Sleep Research, 32(6), e14035. https://doi.org/10.1111/jsr.14035

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