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COMISA: Wechselwirkungen der komorbiden Symptomatik von Insomnie und obstruktiver Schlafapnoe (OSA)

In diesem Beitrag geben wir einen Überblick zum Krankheitsbild "COMISA", dem gleichzeitigen Auftreten von obstruktiver Schlafapnoe und Insomnie. Fachpersonen erfahren hier mehr zu diagnostischen und therapeutischen Herausforderungen bei COMISA.

Sowohl Insomnie als auch obstruktive Schlafapnoe sind weit verbreitet und treten häufig gleichzeitig, also komorbid als COMISA (aus dem Englischen, “Comorbid Insomnia and Sleep Apnea”) auf. Etwa 30-40% der Insomnie-Patient:innen erfüllen auch die Diagnosekriterien einer Schlafapnoe – und 50% aller OSA-Patient:innen auch die Kriterien einer Insomnie [1,2,3]. 

Herausforderungen in der Diagnostik von COMISA

Jede von COMISA betroffene Person hat eine individuelle Geschichte: Welche der beiden Erkrankungen wurde zuerst diagnostiziert? Blieb die vorhandene Komorbidität lange Zeit unerkannt und dementsprechend auch unbehandelt? Gibt es weitere Erkrankungen, die sich auf Schlaf und Atmung auswirken können? 

Das Vorliegen der einen Erkrankung erschwert zudem die Diagnostik der jeweils anderen Komorbidität. 

Beide Schlafstörungen, die chronische Insomnie und die obstruktive Schlafapnoe,  haben eine gewisse Schnittmenge hinsichtlich der Symptomatik, unterscheiden sich allerdings auch in spezifischen Charakteristika [4,5,7]. Zudem beeinflussen sie sich wechselseitig [7]. 

Insomnie geteilte Symptomeobstruktive Schlafapnoe (OSA)
Einschlafprobleme Häufiges nächtliches Erwachen Apnoen (Atemaussetzer) und Hypopnoen (eingeschränkte Atmung) 
Frühmorgendliches ErwachenNicht erholsamer Schlaf Schnarchen
Lange Wachzeiten Beeinträchtigungen des Tagesbefindens (Schläfrigkeit, herabgesetzte Stimmung, Konzentrations-probleme)Tagesschläfrigkeit (als Leitsymptom) 
Schlafbezogene Ängste geringere Lebensqualität Trockener Mund 
Erlernte, schlafhinderliche Assoziationen Morgendliche Kopfschmerzen
Schlafhinderliche Verhaltensweisen und Gedanken 

Quelle: Sweetman et al., 2023 [7]. 

Maximaler Behandlungserfolg bei COMISA durch ganzheitliche Diagnostik und Therapie 

Liegen beide Erkrankungen komorbid vor, so ist der Schlüssel zum maximalen Behandlungserfolg eine ganzheitliche Diagnostik und die Behandlung beider Erkrankungen [6, 7]. 

Als Behandlungsmethode erster Wahl bei einer Insomnie gilt die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I). So empfiehlt zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) die KVT-I zur Erstbehandlung einer Insomnie noch vor dem Einsatz von Schlafmedikamenten. Die KVT-I  kann entweder im klassischen psychotherapeutischen Setting oder digital mittels einer Digitalen Gesundheitsanwendung (DiGA) wie somnio erfolgen. Insbesondere angesichts der aktuellen Versorgungslücke in der psychotherapeutischen Behandlung ermöglicht die digitale Form der KVT-I den Betroffenen einen niedrigschwelligen, zeitlich und räumlich unabhängigen Zugang zu einer nachweislich wirksamen Behandlung.  

Zur Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe kommen, je nach Ursache, Schwere und Symptomatik, verschiedene Methoden in Frage. Neben Unterkieferschienen, einer Operation oder Lagerungshilfen zählt dazu auch die PAP-Therapie. PAP-Therapie steht für “Positive Airway Pressure” und kann mit verschiedenen Gerätearten (z.B. CPAP- oder APAP-Geräten) durchgeführt werden: Diese Positivdruck-Atemwegstherapie ist eine wirksame Behandlungsmethode für obstruktive Schlafapnoe (OSA). Auch eine Veränderung des eigenen Lebensstils ist ein wichtiger Teil der Behandlung [7]. 

Für Betroffene, die sowohl an einer obstruktiven Schlafapnoe als auch an einer Insomnie leiden, gilt die KVT-I ebenfalls als sichere und effektive Behandlungsmethode und kann sich zudem positiv auf die PAP-Adhärenz auswirken [7]. 

Wechselwirkungen von Insomnie und obstruktiver Schlafapnoe 

Die Wechselwirkungen von Insomnie und Schlafapnoe sind komplex und individuell unterschiedlich. Wenn beide Erkrankungen vorliegen, sind Schlafqualität und -quantität noch stärker beeinträchtigt als bei einer der beiden Erkrankungen allein, die Leistungsfähigkeit ist noch geringer und auch die Lebensqualität insgesamt beeinträchtigt [7]. Zudem ist auch das Risiko für Folgeerkrankungen und die Sterblichkeit bei COMISA-Patient:innen erhöht [10]. 

Eine unbehandelte OSA mit Apnoen und Aufweckreaktionen des Körpers in der Nacht kann zu Schlafproblemen führen, die sich mit der Zeit zu einer Insomnie verfestigen. Die Behandlung der Schlafapnoe durch eine PAP-Therapie oder andere Methoden (Kieferschiene, Operation, Lagerungshilfen) kann sich somit auch positiv auf die Durchschlafprobleme auswirken [7]. 

Auch das Verhalten von Patient:innen mit einer unbehandelten OSA kann Schlafprobleme hervorrufen: Möglicherweise versuchen Betroffene, ihre Tagesmüdigkeit mit Koffein zu bekämpfen oder sie geben durch die Erschöpfung Hobbies und sportliche Aktivitäten auf, die schlafförderlich wären. 

Zudem kann eine länger bestehende, unbehandelte Insomnie ihrerseits zu Veränderungen des Lebensstils führen und negative Auswirkungen zur Folge haben,  zum Beispiel eine Gewichtszunahme oder ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 

Eine Insomnie kann durch die Fragmentierung des Schlafs, Hyper-Arousal (Übererregung) und die veränderte Schlaf-Architektur ihrerseits die OSA verschärfen [6]. 

Therapeutische Herausforderungen bei COMISA

Die initiale Akzeptanz für die PAP-Therapie ist bei COMISA-Patient:innen geringer als bei Patient:innen mit reiner OSA und sie nutzen die PAP-Therapie auch weniger Stunden in der Nacht [8,9]. Wenn Betroffene die PAP-Therapie als stark unangenehm empfinden, kann dies unter Umständen ihre Insomnie-Sypmtome verschärfen. Manche Betroffene lehnen die Maske rundheraus ab, manchmal auch vor dem Hintergrund traumatischer Erlebnisse, an die sie die Maske erinnert. 

Bleibt eine OSA allerdings unbehandelt, wirken sich deren Symptome wie Tagesmüdigkeit, Energielosigkeit und Konzentrations- und Gedächtnisprobleme negativ auf die Lebensqualität und den Erfolg einer Insomnie-Therapie aus [6]. 

Chancen und Prognose einer ganzheitlichen Behandlung 

Erfolgt die Behandlung ganzheitlich und individuell auf die Symptomatik der betroffenen Person abgestimmt, besteht eine große Chance, die Gesundheit und Lebensqualität sowie die Prognose deutlich zu verbessern. Zudem kann eine symptomgerechte Behandlung der einen Erkrankung auch die Einhaltung und den Erfolg der Therapie der jeweils anderen Komorbidität positiv beeinflussen [6,7]. 

Diese positiven Aussichten können helfen, Patient:innen zu motivieren, beide Behandlungen anzugehen. 

Für die Entscheidung, wann mit welcher Therapie begonnen wird, ist eine ausführliche Beratung durch die behandelnde Fachperson entscheidend. Dabei spielen der Schweregrad der Insomnie sowie der OSA (hier insbesondere die Ausprägung der Tagesmüdigkeit) eine wichtige Rolle. 

Einen weiteren Beitrag zu COMISA finden Sie hier.

Quellen 

[1] Ohayon, M. M. (2002). Epidemiology of insomnia: what we know and what we still need to learn. Sleep medicine reviews, 6(2), 97-111.
https://doi.org/10.1053/smrv.2002.0186


[2] Peppard, P. E., Young, T., Barnet, J. H., Palta, M., Hagen, E. W., & Hla, K. M. (2013). Increased prevalence of sleep-disordered breathing in adults. American journal of epidemiology, 177(9), 1006-1014. https://doi.org/10.1093/aje/kws342


[3] Ohayon, M. M., & Reynolds III, C. F. (2009). Epidemiological and clinical relevance of insomnia diagnosis algorithms according to the DSM-IV and the International Classification of Sleep Disorders (ICSD). Sleep medicine, 10(9), 952-960.

[4] Sateia, M. J. (2014). International classification of sleep disorders. Chest, 146(5), 1387-1394. https://doi.org/10.1378/chest.14-0970

[5] Sweetman, A., Osman, A., Lack, L., Crawford, M., & Wallace, D. (2023). Co-morbid insomnia and sleep apnea (COMISA): recent research and future directions. Current Opinion in Pulmonary Medicine, 29(6), 567-573. https://doi.org/10.1097/MCP.0000000000001007

[6] Sweetman, A., Lack, L., McEvoy, R. D., Smith, S., Eckert, D. J., Osman, A., … & Catcheside, P. (2021). Bi-directional relationships between co-morbid insomnia and sleep apnea (COMISA). Sleep medicine reviews, 60, 101519.

https://doi.org/10.1016/j.smrv.2021.101519

[7] Sweetman, A., Frank, O., Stocks, N., Mukherjee, S., & Lack, L. (2023). General practitioner management of comorbid insomnia and sleep 

[8] Wickwire EM, Smith MT, Birnbaum S, Collop NA. Sleep maintenance insomnia complaints predict poor CPAP adherence: A clinical case series. Sleep Med 2010;11(8):772–76. doi: 10.1016/j.sleep.2010.03.012. Search PubMed

[9] Wallace DM, Sawyer AM, Shafazand S. Comorbid insomnia symptoms predict lower 6-month adherence to CPAP in US veterans with obstructive sleep apnea. Sleep Breath 2018;22(1):5–15. doi: 10.1007/s11325-017-1605-3. Search PubMed

[10] Lechat, B., Appleton, S., Melaku, Y. A., Hansen, K., McEvoy, R. D., Adams, R., … & Sweetman, A. (2022). Comorbid insomnia and sleep apnoea is associated with all-cause mortality. European Respiratory Journal, 60(1).

https://doi.org/10.1183/13993003.01958-2021

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