Doppelte Belastung für unseren Schlaf: komorbide Insomnie und Schlafapnoe
Könnte es sein, dass du sowohl an Insomnie als auch an einer obstruktiven Schlafapnoe (OSA) leidest?
- Diagnostik und Therapie: So wird die Erkrankung erkannt und behandelt
- Probleme mit Akzeptanz und Umsetzung der Therapie: Daran kann es liegen, wenn der Behandlungserfolg ausbleibt
- Insomnie und obstruktive Schlafapnoe: So äußern sich die beiden Erkrankungen
- Unterschiedliche Symptome bei Männern und Frauen: (un-) typisch?
- Positive Wechselwirkungen in der Behandlung: So kann eine Verbesserung eintreten
- Quellen
Bei Betroffenen, die sowohl unter Ein- und Durchschlafstörungen (Insomnie) als auch einer obstruktiven Schlafapnoe (kurz “OSA”) leiden, wird häufig nur eine der beiden Erkrankungen entdeckt und behandelt, während die andere über längere Zeit hinweg unerkannt bleibt.
Und das, obwohl sie häufig zusammen auftreten können: 30-40% der Insomnie-Patient:innen erfüllen auch die Diagnosekriterien einer Schlafapnoe – und die Hälfte (50%) aller Patient:innen mit einer Schlafapnoe leiden auch an einer zusätzlichen Insomnie [1,2,3].
Betroffene fragen sich dann, warum es ihnen so schwer fällt, die empfohlene Therapie umzusetzen, warum bestimmte Symptome bestehen bleiben oder auch, warum der Therapieerfolg ausbleibt. Das kann sehr frustrierend und belastend sein. Patient:innen verstehen dann möglicherweise nicht, was mit ihnen los ist und geben sich im schlimmsten Fall selbst die Schuld an eventuellen Misserfolgen in der Therapie. Eine ganzheitliche Beratung und Behandlung ist der Schlüssel zum maximalen Behandlungserfolg [6].
In der medizinischen Fachsprache wird das gleichzeitige (“komorbide”) Auftreten beider Erkrankungen auch als “COMISA” bezeichnet und kommt aus dem Englischen: “Comorbid Insomnia and Sleep Apnea".
Diagnostik und Therapie: So wird die Erkrankung erkannt und behandelt
Wenn du dich in der beschriebenen Symptomatik wiederfindest, dann suche das Gespräch mit deiner behandelnden Fachperson (z.B. Hausarzt/Hausärztin, Neurolog:in, Pneumolog:in). Die Insomnie wird mittels Fragebogen festgestellt. Auch für die obstruktive Schlafapnoe können Fragebögen eine erste Einschätzung ermöglichen - die umfassende Diagnostik erfolgt dann in der Regel im Schlaflabor oder zu Hause mittels eines spezifischen, tragbaren Atmungsmessgerätes (Polygraphie).
Zur Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe kommen, je nach Ursache, Schwere und Symptomatik, verschiedene Methoden in Frage. Neben Unterkieferschienen, einer Operation oder Lagerungshilfen zählt dazu auch die PAP-Therapie. PAP-Therapie steht für “Positive Airway Pressure” und kann mit verschiedenen Gerätearten (z.B. CPAP- oder APAP-Geräten) durchgeführt werden: Diese Positivdruck-Atemwegstherapie ist eine wirksame Behandlungsmethode für obstruktive Schlafapnoe (OSA). Auch eine Veränderung des eigenen Lebensstils ist ein wichtiger Teil der Behandlung [7].
Für Betroffene, die sowohl an einer obstruktiven Schlafapnoe als auch an einer Insomnie leiden, gilt die KVT-I ebenfalls als sichere und effektive Behandlungsmethode und kann sich zudem positiv auf die konsequente Umsetzung der PAP-Therapie auswirken [7].
Mehr zur obstruktiven Schlafapnoe (OSA) und zu COMISA findest du auch hier.
Probleme mit Akzeptanz und Umsetzung der Therapie: Daran kann es liegen, wenn der Behandlungserfolg ausbleibt
Eine bestehende Insomnie kann es Betroffenen erschweren, die Behandlung der Schlafapnoe mit einem PAP-Gerät zu akzeptieren und die Maske dauerhaft zu tragen [6]. Bei der PAP-Therapie wird während des Schlafs mit leichtem Überdruck (siehe oben, “Positive Airway Pressure”) Luft durch eine Maske in die Atemwege gepumpt. Die Atemwege werden dadurch offen gehalten, der Luftstrom wirkt wie eine “Schiene”.
Vielen Patient:innen fällt es am Anfang schwer, sich an das Tragen der Maske, das Gerät und die damit verbundenen Geräusche zu gewöhnen. COMISA-Patient:innen, die mit einer kognitiven Verhaltenstherapie ihre Insomnie erfolgreich behandeln, gelingt es in der Regel besser, die PAP-Therapie anzuwenden als denen, deren Insomnie nicht behandelt wird [6].
Umgekehrt kann es sein, dass bei bestehender und nicht behandelter Schlafapnoe, trotz konsequent umgesetzter kognitiver Verhaltenstherapie und Erfolgen hinsichtlich der Insomnie, am Tag weiterhin Schläfrigkeit, herabgesetzte Stimmung und Konzentrationsprobleme vorliegen. Diese Symptomatik bessert sich, wenn auch die Schlafapnoe behandelt wird [7].
Insomnie und obstruktive Schlafapnoe: So äußern sich die beiden Erkrankungen
Beide Schlafstörungen, die chronische Insomnie und die obstruktive Schlafapnoe, ähneln sich in gewisser Weise, haben aber auch spezifische Merkmale, in denen sie sich voneinander unterscheiden [4,5,7].
Insomnie | geteilte Symptome | obstruktive Schlafapnoe (OSA) |
Einschlafprobleme | Häufiges nächtliches Erwachen | Apnoen (Atemaussetzer) und Hypopnoen (eingeschränkte Atmung) |
Frühmorgendliches Erwachen | Nicht erholsamer Schlaf | Schnarchen |
Lange Wachzeiten | Beeinträchtigungen des Tagesbefindens (Schläfrigkeit, herabgesetzte Stimmung, Konzentrations-probleme) | Tagesschläfrigkeit (als Leitsymptom) |
Schlafbezogene Ängste | geringere Lebensqualität | Trockener Mund |
Erlernte, schlafhinderliche Assoziationen | Morgendliche Kopfschmerzen | |
Schlafhinderliche Verhaltensweisen und Gedanken |
Quelle: Sweetman et al., 2023 [7].
Unterschiedliche Symptome bei Männern und Frauen: (un-) typisch?
Die obstruktive Schlafapnoe wird bei Frauen häufiger nicht erkannt, da ihre Symptome nicht immer dem typischen Bild von Schnarchen, Übergewicht und starker Tagesmüdigkeit entsprechen [8]. Während die Insomnie bei Frauen häufiger vorkommt und OSA häufiger bei Männern [10], ist COMISA, also das gleichzeitige Auftreten beider Erkrankungen, jedoch relativ gleichmäßig über die Geschlechter verteilt [9]. Umso wichtiger ist eine gründliche Differentialdiagnostik. Hinzu kommt im Falle von COMISA: Das Vorliegen der einen Erkrankung erschwert zudem die Diagnose der jeweils anderen Erkrankung, da sich beide Schlafstörungen in gewissen Symptomen ähneln (siehe oben).
Positive Wechselwirkungen in der Behandlung: So kann eine Verbesserung eintreten
Die Wechselwirkungen von Insomnie und Schlafapnoe bei COMISA sind komplex und individuell sehr verschieden [7]. Die gute Nachricht ist jedoch: Ebenso wie eine unbehandelte Erkrankung die jeweils andere Erkrankung negativ beeinflussen kann, kann auch eine erfolgreiche Behandlung einer Erkrankung die andere sehr positiv beeinflussen. So geben viele Betroffene als einen Erfolg ihrer KVT-I an, den eigenen Schlaf besser zu verstehen und ein entspannteres Verhältnis zum Thema Schlaf zu haben.
In der Folge kann es ihnen so auch leichter fallen, die Maske des PAP-Gerätes zu akzeptieren und regelmäßig zu tragen [6]. Und eine gut eingestellte PAP-Therapie ist die beste Voraussetzung für eine hohe Schlafqualität und das Gefühl, am nächsten Tag erholt und fit zu sein – was es wiederum einfacher macht, regelmäßige Schlafzeiten einzuhalten und einen schlafförderlichen Lebensstil umzusetzen. Sportlich aktiv zu sein und den Koffeinkonsum zu reduzieren, sind zum Beispiel Verhaltensweisen, die für den Schlaf förderlich sind.
Die chronische Erkrankung OSA wird Patient:innen in der Regel lebenslang begleiten. Mit der richtigen Therapieform und guter Unterstützung durch Fachpersonen und das soziale Umfeld können die Betroffenen eine hohe Lebensqualität gewinnen. Die Insomnie-Symptomatik kann durch eine erfolgreiche Therapie stark verbessert werden oder ganz verschwinden - hierfür ist die kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie laut der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) die Behandlungsmethode der Wahl. Sie erfolgt im klassischen psychotherapeutischen Setting, also in Therapiesitzungen vor Ort in einer Praxis, oder digital und zeitlich und räumlich unabhängig mit einer Digitalen Gesundheitsanwendung (DiGA) wie somnio.
Quellen
[1] Ohayon, M. M. (2002). Epidemiology of insomnia: what we know and what we still need to learn. Sleep medicine reviews, 6(2), 97-111.
https://doi.org/10.1053/smrv.2002.0186
[2] Peppard, P. E., Young, T., Barnet, J. H., Palta, M., Hagen, E. W., & Hla, K. M. (2013). Increased prevalence of sleep-disordered breathing in adults. American journal of epidemiology, 177(9), 1006-1014. https://doi.org/10.1093/aje/kws342
[4] Sateia, M. J. (2014). International classification of sleep disorders. Chest, 146(5), 1387-1394. https://doi.org/10.1378/chest.14-0970
[5] Sweetman, A., Osman, A., Lack, L., Crawford, M., & Wallace, D. (2023). Co-morbid insomnia and sleep apnea (COMISA): recent research and future directions. Current Opinion in Pulmonary Medicine, 29(6), 567-573. https://doi.org/10.1097/MCP.0000000000001007
https://doi.org/10.1016/j.smrv.2021.101519
[7] Sweetman, A., Frank, O., Stocks, N., Mukherjee, S., & Lack, L. (2023). General practitioner management of comorbid insomnia and sleep apnoea. Australian Journal of General Practice , 52(9), 607-612. https://doi.org/10.31128/AJGP-12-22-6648
[8] Ye L, Pien GW, Weaver TE. Gender differences in the clinical manifestation of obstructive sleep apnea. Sleep Med 2009;10(10):1075–84. doi: 10.1016/j.sleep.2009.02.006. Search PubMed
[9] Sweetman A, Lechat B, Appleton S, Reynolds A, Adams R, Melaku YA. Association of co-morbid insomnia and sleep apnoea symptoms with all cause mortality: Analysis of the NHANES 2005–2008 data. Sleep Epidemiol 2022;2:100043. doi: 10.1016/j.sleepe.2022.100043. Search PubMed
[10] Sweetman AM, Lack LC, Catcheside PG, et al. Developing a successful treatment for co-morbid insomnia and sleep apnoea. Sleep Med Rev 2017;33:28–38. doi: 10.1016/j.smrv.2016.04.004. Search PubMed